Gegen Winterblues hilft Lichttherapie
Gegen Winterblues hilft Lichttherapie

Wenn die Tage kürzer werden, erfahren einige von uns ihren alljährlichen Winterblues. Man spürt ihn an Symptomen wie Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Verzweiflung und Angstzuständen, aber auch einem erhöhtem Schlafbedürfnis, Heißhunger-Attacken auf Süßes oder andere Kohlenhydrate. Gereiztheit, Motivationsverlust und Konzentrationsstörungen kommen auch noch dazu. Bei überdurchschnittlich vielen Betroffenen ist die innere Uhr aus dem Takt geraten.

Die Erkrankung ist auch als saisonal-affektive Störung, kurz SAD, englisch Seasonal Affective Disorder, bekannt. Sie erschient zu einer bestimmten Jahreszeit, meist ist das der Herbst oder Winter, wenn die Tage kurz sind und die Dunkelheit überwiegt. Typischerweise verschwindet sie im Frühling und Sommer.

Die Betroffenen werden nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgewählt. Es gibt verschiedene Risikofaktoren, wie Geschlecht (Frauen sind besonders stark betroffen), Alter – oder eher Jugend, denn von 18 bis 30 trifft es einen besonders gerne. Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. Und als einzig nachvollziehbaren Risikofaktor die geografische Lage des Lebensmittelpunktes. In nördlichen Breiten überwiegt die Winterdepression.

Die chronobiologische Hypothese des Winterblues

Dass der circadiane Rhythmus beim Winterblues so oft gestört ist führte zu der Annahme, dass müsse irgendetwas miteinander zu tun haben. So entstand die chronobiologische Hypothese. Licht ist ein Signalgeber für die innere Uhr. Mit licht kann man erwiesenermaßen einen Winterblues abwenden.

Dann entdeckte man im Jahr 2000 noch einen bisher unbekannten Photorezeptor, das Melanopson, in der Netzhaut des Krallenfrosches. Es speist Licht nicht in den Sehprozess ein sondern leitet es direkt ins Gehirn. Dort gelangt es in den Nuclei suprachiasmatici (SCN) im Hypothalamus. Diese Areale regulieren die Master-Clock unseres Stoffwechsels, die Hauptuhr, die allen lokalen Uhren vorgeschaltet ist. Bingo!

Melanopsin absorbiert Wellenlängen von 460 bis 484 nm, also im Blaubereich des Sonnenspektrums.

Aus diesen Fakten wurden Zusammenhänge konstruiert, aus denen die Lichttherapie gegen Winterdepression entwickelt wurde:

SAD tritt meist im Winter auf, muss also mit Lichtmangel, zu tun haben. (Tatsächlich gibt es auch eine seltenere, im Sommer auftretende Form der SAD). Oft ist die innere Uhr aus dem Takt geraten. Die wird von Licht gesteuert. Ihr wichtigster Rezeptor ist für blaues Licht empfindlich. Morgenlicht enthält einen relativ hohen Anteil dieser Wellenlängen.

Also sollte:

  • die Lichttherapie besser morgens stattfinden

Tatsächlich konnte in vielen Studien kein Unterschied zwischen einer Therapie mit natürlichem Morgen- oder Abendlicht festgestellt werden. Manche Studien kommen allerdings auch zu dem Schluss, dass Morgenlicht dem Abendlicht überlegen ist. Und es gibt keine Studien die zeigen, dass Abendlicht besser Ergebnisse erzielt. Also bleibt es bei dem empfohlenen Morgenstunden. Auch mit Kunstlicht. 🙂

  • Die Lichttherapie einen möglichst hohen Anteil an Blaulicht haben

In einer Studie, die die Wirksamkeit von „normalem“ Tageslicht mit einem mit Blaulicht angereicherten Licht verglich, fand man keine Unterschiede in der Wirksamkeit der Therapie. In beiden Fällen sprachen die Patienten sehr gut auf die Behandlung an.

Weitere Studien zeigten, dass Blaulicht besser wirkte als Rotlicht.

Mit Blaulicht angereichertes Licht wirkte besser als ein Placebo.

Man fand keinen Unterschied zwischen reinem Blaulicht und Vollspektrum Tageslicht.

Und zwischen Blaulicht und blaulichtfreiem Tageslicht förderte auch kleine Unterschiede hervor.



Effektive Lichttherapie

Licht hilft gegen Winterblues, anscheinend zu jeder Tageszeit. Typischerweise setzt man 2 500 bis 10 000 lux für 30 bis 60 min ein. Zum Vergleich:

  • Schummerlicht in Innenräumen liefert 100 lux
  • Leselicht 500 lux
  • bewölktes Tageslicht 5 000 lux
  • sonniges Tageslicht 50 000 lux und mehr

Über die Dauer der Therapie ist man sich noch nicht einig, aber (unglaublicherweise 🙂 ) sind zwei Wochen effektiver als eine.

Lichttherapie kann auch vorbeugend eingesetzt werden. Wenn die Therapie schon bei den ersten Anzeichen einer Winterdepression gestartet wird, kann damit das volle Ausbrechen der Krankheit verhindert werden. Und auch die nächste Runde im folgenden Winter kann sich daraufhin verzögern.

 

Fazit:

Die Wirksamkeit von Blaulicht gegen Winterblues ist nicht belegt. Lichttherapie ist zwar sehr wohl wirksam, aber welche Wellenlängen wirksam sind, bleibt erst mal ein Geheimnis. Genau wie der exakte Wirkmechanismus, der der Lichttherapie gegen Winterblues zugrunde liegt.

 

 

Quellen:

Meesters Y, van Tuinen EJD, Gordijn MCM. 35 years of light treatment for mental disorders in the Netherlands. Ann Med. 2023;55(2):2269574. doi:10.1080/07853890.2023.2269574

Do A, Li VW, Huang S, et al. Blue-Light Therapy for Seasonal and Non-Seasonal Depression: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Can J Psychiatry. 2022;67(10):745-754. doi:10.1177/07067437221097903

Galima, Samuel V et al. “Seasonal Affective Disorder: Common Questions and Answers.” American family physician vol. 102,11 (2020): 668-672.