Bioaktive Peptide sind Perlen für die Gesundheit
Bioaktive Peptide sind Perlen für die Gesundheit

Habt Ihr euch schon mal gefragt, warum Käse den Magen schließt oder Milch gut zum Einschlafen sein soll? Dahinter stecken bioaktive Peptide. Sie sind überall, es gibt beinahe unendlich viele von ihnen und sie haben erstaunliche Fähigkeiten. Unter anderem sollen sie entzündungshemmend, antimikrobiell und antioxidativ wirken. Aber das scheint noch viel mehr zu sein. In den letzten Jahren werden sie intensiv erforscht, die Zahl der Publikationen steigt rasant. Sie sind fast so intensiv umforscht wie das Mikrobiom oder die Photobiomodulation.

Was sind bioaktive Peptide?

Bioaktive Peptide sind kleine, proteinähnliche Moleküle, die aktiv am Stoffwechselgeschehen teilnehmen. Wie ihre großen Brüder sind sie aus Aminosäuren aufgebaut, aber die Ketten, die das Moleküle ausbilden sind viel kürzer, nur zwei – 20 Bausteine lang. Oft sind sie Bruchstücke größerer Proteine, die bei deren Abbau freigesetzt werden. Wie Edelsteine, die sich in unscheinbaren Geröllbrocken verbergen.

Woher kommen bioaktive Peptide?

Peptide, also kleine Moleküle aus wenigen Aminosäuren, haben im Körper verschieden Funktionen und werden natürlich von uns selbst produziert. Manche Hormone zum Beispiel, oder regulierende Botenstoffe im Nervensystem sind solche Peptide. Weil diese Moleküle aber so klein sind, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass beim Abbau von anderen Proteinen Bruchstücke mit ähnlichen Eigenschaften entstehen.

Die Forschung sucht nach wirksamen bioaktiven Peptiden

Im Labor werden verschiedene Proteinquellen mit verschiedenen Proteasen (Protein abbauenden Enzymen) behandelt. Manchmal werden auch mehrere Proteasen gleichzeitig angewandt. Das ergibt dann natürlich andere und auch kleinere Bruchstücke. Die werden dann auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Man ist auf der Suche nach therapeutisch einsetzbaren Molekülen. Aber das ist ein sehr, sehr weites Feld.

Die Quellen, aus denen Kandidaten für bioaktive Peptide rekrutiert werden, sind sehr weitläufig. Viele marine Organismen sind dabei, aber auch unzählige Pflanzen, und nicht wenige davon stehen regelmäßig auf unserem Speiseplan.

Welche Lebensmittel enthalten bioaktive Peptide?

Überraschenderweise enthalten sowohl tierische als auch pflanzliche Lebensmittel bioaktive Peptide. Überraschend, weil unter den tierischen Quellen so „ungesunde“ Sachen wie Fleisch, Eier und Käse sind. Aber der Reihe nach.

Milch und Milchprodukte

Aus Milchprodukten kann man tolle bioaktive Peptide isolieren. Milch spielt eine wichtige Rolle in den frühen Tagen eines Säugetieres – Menschen eingeschlossen – und vielleicht sind es nicht die Milchproteine selbst, sondern kleine Bruchstücke davon, die der Milch antibakterielle, antioxidative und immunstärkende Eigenschaften verleihen.

Milch enthält auch opioide Peptide, die auf das Nervensystem ähnlich wie Morphin wirken. Auch Blutdruck senkende, Mineral-bindende, antithrombotische und krebshemmende Peptide hat man mit den modernen analytischen Methoden schon entdeckt. Durch mikrobielle Fermentation entstehen weitere interessante Peptide. Das Milchsäurebakterium Lactobacillus helveticus erzeugt unter anderem Blutdruck senkende Peptide.

Insgesamt hängt die Wirkung von bioaktiven Peptiden aus Milchprodukten stark davon ab, aus welcher Milch sie gewonnen werden. Und als Quellen werden nicht nur Kuh-, Schaf-, oder Ziegenmilch genutzt. Auch Stuten-, Esel- oder Kamelmilch kommt zum Einsatz.

Aus frischer Kamelmilch hat man schon verschiedene antidiabetische Peptide isoliert, während fermentierte Kamelmilch sich positiv auf den Blutdruck auswirkt. Kamelmilch scheint ziemlich gesund zu sein. Kamele geben schließlich nur Milch, wenn es ihnen gut geht und sie sich wohlfühlen.

Eier

Auch in Hühnereiern gibt es vielversprechende bioaktive Peptide, die ebenfalls den Blutdruck senken sollen. Im Eiklar finden sich hohe Konzentrationen von Lysozym, einem Protein mit antibiotischer Wirkung. Es kommt auch in Speichel und Tränenflüsssigkeit von Säugetieren vor. Aus Lysozym lassen sich ebenfalls viele bioaktive Peptide isolieren, die antimikrobiell, krebshemmend, immunmodulierend und blutdrucksenkend wirken. Und das alles in den wegen des bösen Cholesterins verteufelten Eiern.

Fleisch

Die Autoren meiner Studie hier können es gar nicht fassen, dass Fleisch einen so ungeheuer schlechten Ruf hat, wo es doch eine ausgezeichnete Quelle für essentielle Aminosäuren, Folsäure, Vitamin B12 und Eisen ist. Und das ist noch nicht alles: Peptide aus rotem Fleisch wirken antioxidativ und Blutdruck senkend.

Schweinefleisch enthält 2,7g/kg Carnosin. Dieses Dipeptid aus den Aminosäuren Alanin und Histidin ist ein starkes Antioxidans, weil es bestimmte Metallionen wie Kupfer, Kobalt und Zink abfangen kann.

Pflanzliche bioaktive Peptide

Merkwürdigerweise hat man traditionell den Pflanzen in Bezug auf bioaktive Peptide weniger Aufmerksamkeit geschenkt als den tierischen Quellen. Aber auch Pflanzen enthalten reichlich davon. Diese Peptide wirken in erster Linie gegen Parasiten oder Infektionen, also antibakteriell, antiviral und antifungal.

Was können bioaktive Peptide?

Es gibt kaum etwas, wogegen bioaktive Peptide nicht helfen sollen. Sie scheinen so vielseitig wirksam zu sein wie ätherische Öle. Es gibt

  • Peptide als Opioidanaloga

Manche körpereigenen bioaktiven Peptide sind die Liganden der Opoidrezeptotoren und besitzen morphinähnliche Eigenschaften. Enkephaline zum Beispiel sind eine Gruppe solcher Peptide. Sie sind am Schmerzempfinden beteiligt und wirken als körpereigenes Schmerzmittel.

Auch exogene Peptide können opioide Wirkung entfalten. Milcheiweiß und Gluten sind gute Quellen für opioide Peptide. Sie können sehr einfach mit der Nahrung aufgenommen werden. Es steckt allerdings ein gewisses Suchtpotenzial in ihnen. Käse und Pasta können also schon süchtig machen, oder?

  • mineralbindende Peptide

Aus dem Milcheiweiß Casein können so genannte Phosphopeptide freigesetzt werden. Sie enthalten mehrere phosphorylierte Seitenketten, tragen also eine negative Ladung. Sie können mit dieser Ladung verschiedene positiv geladene Ionen binden. Zum Beispiel Calcium. Dadurch verbessert sich die Resorption und Verfügbarkeit. Solche Peptide schützen letztendlich vor Zahnfäule, Osteoporose, Bluthochdruck und Schlafstörungen. Aha. Deswegen also soll man ein Glas Milch vor dem Schlafengehen trinken. Und deswegen macht Milch die Knochen stark. Und die Zähne auch.

  • cholesterinsenkende Peptide

Keine Frage: Cholesterin ist lebenswichtig. Wir benötigen es zur Herstellung von Vitamin D, Hormonen, Gallensäuren und es ist wesentlicher Bestandteil unserer Zellmembranen. Aber zu viel ist eben auch nicht gut. Und zu viel davon im Blut kann Herz und Kreislauf belasten.

Der Effekt bioaktiver Peptide auf die Blutfette ist nicht so klar. Manche scheinen den Cholesterinspiegel zu senken. Der cholesterinsenkende Effekt von Soja ist lange bekannt und beruht wahrscheinlich auf der Aktivität bioaktiver Peptide. Diese Sojapeptide sind lipophil und können Fett binden. Sie erhöhen dadurch wahrscheinlich die Ausscheidung von Fett.

Peptide aus Kreuzkümmelsamen hemmen die Aufnahme von Cholesterin aus der Nahrung auf verschiedenen Wegen, zum Beispiel indem sie Gallenflüssigkeit aus dem Verkehr ziehen oder fettabbauende Enzyme hemmen. Lupine und Schwarzaugenbohne hemmen die Cholesterinbiosynthese. Auch aus Seidenspinner und Soja wurden schon cholesterinsenkende Peptide isoliert.

  • gewichtsreduzierende Peptide

Bioaktive Peptide beeinflussen die Absorption von Nährstoffen, vor allem im Dünndarm. Solche Peptide senden auch Sättigungssignale ans Gehirn und reduzieren dadurch die Kalorienaufnahme. Peptide aus Casein, dem wichtigsten Protein in Milch und Käse, aktivieren den CCK-A Rezeptor. Der regt die Gallenblase und Peristaltik im Darm an. Im Gehirn vermittelt er ein Sättigungsgefühl. Käse schließt den Magen heißt es doch, oder? Scheint zu stimmen.

  • antidiabetische Peptide

Peptide aus der Sojabohne fördern die insulinabhängige Aufnahme von Glucose aus dem Blut.

Gartenbohne hemmt die Glucosetransporter GLUT2 und SGLT1. Die nehmen Glucose aus dem Darm auf und geben sie anschließend ins Blut ab. Fallen sie aus, steigt der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit weniger stark an. Lachspeptide steigern Glucoseaufnahme in Muskelzellen und auch der Silberkarpfen scheint gegen Diabetes wirksam zu sein.

Aus Kreuzkümmelsamen kann man Peptide gewinnen, die die Amylase hemmen und dadurch den Abbau von Stärke hemmen. Ein kleines Peptid aus der Haileber reduziert den Nüchternblutzucker und steigert die Glycogeneinlagerung in der Leber. Zumindest in Mäusen. Nur dürften die selten Hai auf dem Speiseplan haben.

  • antioxidative Peptide

Der Wirkmechanismus der antioxidativen Peptide ist noch nicht ganz verstanden, aber fest steht, dass sie starke Radikalfänger sind und dadurch die Oxidation von verschiedenen Molekülen verhindern. Manche Aminosäuren eignen sich besonders gut als Radikalfänger. Das sind vor allem aromatische (mit einem Ringsystem im Molekül) wie Tyrosin, Histidin, Tryptophan und Phenylalanin und hydrophobe (wasserabweisende) wie Valin, Leucin, Methionin, Glycin und Alanin.

Auch die Größe des Moleküls hat einen Einfluss auf die Akitivität. Antioxidative Peptide bestehen aus 5 – 15 Aminosäuren. Was größer oder kleiner ist, wirkt nicht so gut.

  • blutdrucksenkende Peptide

Molkenprotein, das von Lactobacillus helveticus fermentiert wurde, besitzt starke blutrucksenkende Wirkung. Es hemmt das ACE (Angiotensin Converting Enzyme). Dieses Enzym setzt normalerweise inaktives Angiotensin in seine aktive Form um. Das führt zu einer Verengung der Blutgefäße. ACE Hemmer wirken also gefäßerweiternd. Der Einsatz von ACE Hemmern ist eine gängige Therapie zur Behandlung von Bluthochdruck.

Auch zwei Tripeptide, IPP und VPP aus Casein senken den Blutdruck effektiv. Sie werden von Saccharomyces cerevisiae, der Bier- oder Bäckerhefe und einem bestimmten L. helveticus Stamm produziert. Für die ACE hemmende Wirkung sind vor allem verzweigte Aminosäuren wie Valin und Isoleucin verantwortlich.

  • antiaging Peptide

Unsere Körperzellen sind in eine extrazelluläre Matrix eingebettet, die verschiedene Proteine enthält. Mit dem Alter werden die immer schneller abgebaut und der Nachschub immer langsamer gebildet. Das liegt daran, dass hauteigene Peptide ihrer Funktion nicht mehr nachkommen. Mit exogenen Peptiden kann man hier ein bisschen nachhelfen und die Haut verjüngen. Diese Peptide fördern die Kollagenbildung und Wundheilung. Sie glätten Falten, wirken antibakteriell und antioxidativ und hellen Pigmentflecken auf. Sie fördern die Durchblutung und Neubildung von Hautzellen. Manche wirken wie Botox – hemmend auf bestimmte Neurotransmitter, die die Haut erschlaffen lassen und dadurch Falten reduzieren. Welche das sind verraten die Autoren leider nicht.

  • krebshemmende Peptide

Bioaktive Peptide, die sich ungünstig auf das Wachstum von Krebszellen auswirken findet man vor allem in wasserlebenden Organismen, wie Austern und anderen Muscheln, Sardellen, Sepia oder Thunfisch. Aber auch aus Blaualgen und Kichererbsen, Soja, Rapssamen und bestimmten Orchideen können anticancerogene Peptide freigesetzt werden

  • antimikrobielle Peptide

Antimikrobielle Peptide bekämpfen Bakterien, Viren und Pilze. Und ganz nebenbei besitzen sie noch weitere wünschenswerte Eigenschaften, wie antioxidative, immunmodulierende oder wundheilungsfördernde. Das macht sie zu echten Allroundwaffen.

Die Wechselwirkung mit Mikroben kommt entweder durch eine positive Ladung im Peptid oder amphipathische Enden, die einmal wasserliebende und wasserabweisende Eigenschaften besitzen.

Ihre Wirkung beruht darauf, dass sie entweder die Zellwand durchbohren oder im Zellinneren an große Moleküle binden und diese lahmlegen. Antimikrobielle Peptide können in verschiedenen Milchproteinen enthalten sein. Und sie hemmen das Wachstum aller möglichen Krankheitserreger, wie Listerien, Colibakterien, Salmonellen oder Staphylokokken.

Der Haken an der Sache

Die Forschung an bioaktiven Peptiden findet überwiegend im Labor statt. Die Kandidaten werden mit verschiedenen Enzymen behandelt und entstehen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht während der ganz normalen, natürlichen Verdauung. Aber trotzdem: Auf jeden Fall zeigt sich, dass eine abwechslungsreiche, bunte und gelegentloich auch blutrote oder dottergelbe Ernährung wohl nicht schadet.

Hinweis:

Hier sieht’s ziemlich medizinisch aus. Aber natürlich ist das hier keine medizinische Beratung. Es geht einzig um das Wunder der Biologie. Wenn Ihr krank seid, geht zum Arzt.nUnd glaubt nicht alles, was ihr im Internet lest. 😉

Quellen:

Daliri, Eric Banan-Mwine et al. “Bioactive Peptides.” Foods (Basel, Switzerland) vol. 6,5 32. 26 Apr. 2017, doi:10.3390/foods6050032

Peighambardoust, Seyed Hadi et al. “A Review on Health-Promoting, Biological, and Functional Aspects of Bioactive Peptides in Food Applications.” Biomolecules vol. 11,5 631. 23 Apr. 2021, doi:10.3390/biom11050631

Samtiya, Mrinal et al. “Production, Purification, and Potential Health Applications of Edible Seeds‘ Bioactive Peptides: A Concise Review.” Foods (Basel, Switzerland) vol. 10,11 2696. 4 Nov. 2021, doi:10.3390/foods10112696

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